DKW - KM 200 Bj. 1935   
 


Am 24.06.1992 habe ich mir dieses Schmuckstück für 1.500,-- Flocken (damals noch DM), ohne die geringste Ahnung von der Materie des Oldtimerrestaurierens, gekauft. Ich habe zu diesem Zeitpunkt nur gewusst, daß ich nichts weiß. Mir wurde lediglich gesagt daß es sich um eine DKW mit 200 ccm und vermutlichem Baujahr 1935 handelt. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung auf was für ein Aben"teuer" ich mich da einlassen werde. Dieses sollte auf den Tag genau 14 Jahre und 4 Monate dauern. Wie über diese lange Zeit aus dem Rosthaufen wieder ein Motorrad wurde möchte ich hier darniederschreiben.

Also vorweg, ich wollte schon immer, solange ich denken kann, einen Oldtimer, ein Motorrad, und am liebsten eine mit Beiwagen. Aber da waren sie wieder meine zwei Probleme. Erstens reichte für so ein edles Teil leider die Kohle nicht und von der zweiten Alternative, dem selber restaurieren hatte ich keine Ahnung, davon aber eine Menge. Wovon ich zu dieser Zeit allerdings auch noch eine Menge hatte war: Optimismus, Tatendrang und die Fähigkeit das unmittelbar bevorstehende "Unheil" völlig zu ignorieren. Also las ich am Morgen jenes unsäglichen 24.Juni anno 1992 zufällig das in etwa folgendermaßen lautende, verhängnisvolle Zeitungsinserrat: "Motorrad, DKW, 200 ccm, Baujahr 1935, ohne Papiere, zum Restaurieren, DM 1.500,-- Tel. ...". Baujahr 1935, dachte ich mir, das klingt mal wirklich alt und alt war guuut. Also kurz angerufen, Termin ausgemacht und am Abend hingefahren. Und da stand sie nun: alt, schön, und voller Rost. Sie hatte zwar keinen Beiwagen (sowas lässt sich schließlich ändern) aber ansonsten war noch alles dran was so ein Motorrad braucht; dachte ich zumindest seinerzeit. Wobei hier am Rande erwähnt sei, daß ich zu jener Zeit keinerlei Ahnung hatte wie eine DKW eigentlich aussah, geschweige denn jemals (zumindest bewußt) eine Vorkriegs-DKW gesehen habe. Zudem hatte ich keine Ahnung was das Ding überhaupt wert war (ehrlich gesagt weiß ich das heute auch noch nicht). Irgendwie hat sie mir gefallen und, auch auf die Gefahr hin über den Tisch gezogen zu werden, wurde der Kaufvertrag gemacht und die Kiste am nächsten Tag bezahlt und mit dem Hänger abgeholt.


So sah sie aus als ich sie gekauft hab
(für mehr Fotos hier oder aufs Bild klicken)


So, nun stand sie da in ihrer rostigen Pracht. Was nun? In weiser Voraussicht hatte ich mir dafür bereits ein schlaues Buch nach dem Motto "Motorräder restaurieren für Dummis" oder "Oldtimermotorräder restaurieren leicht gemacht" oder so ähnlich, zugelegt. Und so habe ich mich gleich voller Tatendrang an das Zerlegen des guten Stücks gemacht. Ohne natürlich zu vergessen Fotos davon zu machen. Natürlich viel zu wenige wie sich rausgestellt hat, denn wenn man sie später wieder zusammensetzen will (in meinem Fall so zwei bis vierzehn Jahre später) weiß man das alles nicht mehr so genau und dann sind die Stellen die man braucht mit Sicherheit nicht auf den Fotos. Also mein Tip am Rande soviele Fotos wie möglich. Heute mit der Digi-Cam ist das ja eh kein Problem mehr.

Zeitgleich sollte mir ein, zwischenzeitlich besorgetes, Buch helfen herauszufinden welches Modell ich eigentlich vor mir hatte. Das sollte bei der weiteren Restauration, z.B. im Rahmen der Ersatzteilbeschaffung, doch nicht ganz unwichtig sein. Aber irgendwie schaute da keines der abgebildeten Motorräder so aus wie meins. Nach eingehenden Studien diverser Unterlagen , wie z. B. dem Vergleich der Fahrgestell- und Motorennummer konnte sie schlußendlich als eine DKW, KM 200 (Luxus), Modell 1935/36, Bj 1935 identifziert werden - obwohl die Ähnlichkeit doch nicht so groß war:

So sollte sie aussehen ...
... und so sah sie aus!


Hier kommen wir wieder zum Zerlegen zurück, denn hier schwante mir dann so manches. Entpuppte sich doch der
Scheinwerfer als ein Exemplar aus den, schätzungsweise, 50er Jahren und seine selbstgebaute Halterung als schlichte Bandeisen. Als Objekte der gleichen Epoche sollten sich später noch der Benzinhahn sowie der Soziussattel, welcher mittels Eigenkonstruktion (gefertigt aus dem ursprünglichen Gepäckträger) am hintern Schutzblech befestigt war, herausstellen. Ein wahres Highlight war das auf der linken Seite, vor dem Fußraster, angebrachte "Selfmade-Trittbrett". Dieses flog ebenso wie der Besenhalter an der Gabel in hohem Bogen in den Müll.Nach dem Sandstrahlen wurde dann auch ersichtlich daß das hintere Schutzblech seitlich nachträglich nach unten verlängert wurde. Der Gepäckträger (zumindest das was von ihm übrig war) mit dem darauf, befestigten Soziussattel (ich tippe auf MZ), wurde entfernt.

Nachdem die Maschine jetzt bis auf das letzte Schräubchen zerlegt war, (mit Ausnahme des Motors, aber dazu später mehr) gingen die Teile sogleich zum Sandstrahlen und wurden anschließend schwarz lackiert. Den Tank sowie das vordere Schutzblech und den Deckel des Werkzeugkastens ließ ich von einem befreudetet Autolackierer lackieren während ich mich den restliche Teilen selbst widmete. Das vordere Schutzblech sowie der Rahmen waren noch von guter Substanz. Der Tank wies keine bis lediglich minimale Dellen auf und war auch innen noch hervorragend in Schuß.

(Ein neues Kapitel?)
Lediglich das hintere Schutzblech war, nicht nur wegen der angeschweißten Seitenverlängerung, in äußerst schlechtem Zustand. Hierfür musste, ebenso wie für den fehlenden Gepäckträger, Ersatz her. Diesen fand ich auf der "Classic Mobil" 1993 in der Münchener Olympiahalle in Form einer DKW KS 200 Bj. 1939. Diese bestand nur noch aus Rahmen, Motor sowie hinters Schutzblech und Gepäckträger (Später fand auch noch der Tachohalter und der Federungsdämpfer Verwendung). Das Schutzblech wurde auch sofort eintrostet, ausgebeult (fataler Fehler denn die "Delle" gehörte da rein; das war nämlich die Ausbuchtung für den Kettenschutz) und lackiert.

Zwischenzeitlich habe ich auch festgestellt, daß die Räder in ihrer vorhandenen Form nicht mehr zu gebrauchen waren. Mal abgesehen vom sehr schlechten Zustand der Felgen und Speichen waren es sowieso die komplett Falschen. Somit wurde ich stolzer Besitzer neuer Felgen und Speichen und eines weiteren, nicht gerade kleinen, Loches auf meinem Girokonto. Die Naben waren dagen noch gut und brauchbar. Die Bremsbacken wurden neu belegt. Die vordere Achse war noch mit den original Konuslagern versehen. Hier habe ich nur die Kugeln erneuert. Die Hinterachse war bereits auf moderne Kugellager umgebaut. Hier habe ich nur die Lager erneuert. Allerdings war die Hinterradachse in keinem guten Zustand und habe sie mir von einem Freund neu drehen lassen. Die Felgen habe ich auch gleich (man möge es mir verzeihen) Kunstoffbeschichen lassen; das ist zwar nicht ganz korrekt, läßt sich aber mit dem Auge (zumindest mit meinem) von einer normalen Lackierung nicht unterscheiden und ist absolut schlagfest.

Der Benzinhahn erwies sich ebenfalls als Problem. Zur Anbringung des aktuell angebrachten Benzienhahnes wurde ein größers Gewinde in den Tank eingeschnitten. Ich vermute bei dem Hahn handelt es sich um irgend ein Ostmodell (DDR, Tschechei o. ä.), da kein Gewinde der auf dem Markt angebotenen Benzinhähne gepasst hatte. Da ich aber das üble Teil mit Sicherheit nicht mehr hingebaut hätte, habe ich mir vom Leo ein Reduzierstück aus Messing drehen lassen.

Als Scheinwerfer habe ich den (fabrikneuen) Nebelscheinwerfer eines alten Lastwagens verwendet den ich auf einem Teilemarkt erstanden hatte. Schaut dem Original sehr änhlich und funktioniert. Lediglich für das Standlicht (hierfür fungiert -historisch auch nicht korrekt- ein weißes LED) musste ein Loch in den Reflektor gebohrt werden.

Sonstige Kleinteile wie z. B. Brems- und Kupplungshebel, Bowdenzüge, Hupe, Dichtungssatz für den Motor, Kabelbaum, Rücklicht usw. gab es als Nachfertigungen über den Teilehandel.

Nun aber mal ein paar Worte zum Motor. Davon habe ich gelinde gesagt keine Ahnung. Also habe ich ihn jemanden gegeben, der sich damit auskennt. Der hat mir jedoch, von vornherein, gesagt daß er eigentlich keine Zeit dafür hat. Nach ca. acht Jahren Liegezeit bei ihm (lange Zeit, aber ich hatte in der Zwischenzeit mit Hausbau und anderen Dingen eh wenig bis keine Zeit für die DKW) hat er mich dann 2002 an den Edwin verwiesen, welcher mir dann meinen Motor sehr professionell wieder auf Vordermann gebracht hat. Dieses Unterfangen war auch nicht ohne Hürden (wobei eine gebrochene Kickstarterfeder das geringste Übel war) Beim Zerlegen des Motors wurde nämlich festgestellt, daß vor geraumer Zeit ein Reparaturversuch an der Kurbelwelle unternommen wurde, da sich vermutlich die Zylinderlaufrollen des Kurbelwellenlagers auf der Kurbelwelle eingelaufen hatten. Bei dieser abenteuerlichen Aktion wurde die Kurbelwelle abgedreht. Mit dem Ergebnis, daß die Zylinderlaufrollen nicht mehr passten. (Die verbliebene Lücke wurde dann durch eine viel zu kleine Rolle gefüllt). Der Motor dürfte nach dieser "Reparatur" allerdings nicht mehr gelaufen sein. Somit stand ich vor dem Problem, daß eine neue Kurbelwelle her musste. Auf der "Veterama" in Mannheim konnte ich tatsächlich einen Motor zum ausschlachten auftreiben. Dieser war auch in ganz gutem Zustand, lediglich, wie sollte es aber auch anders sein, die Kurbelwelle war ebenfalls im Lagerbereich verschlissen. Somit blieb nur noch die Möglichkeit von neu neugefertigten Lageraußenringen (bzw. wie in meinem Fall das ausdrehen der alten Lageraußenringe) und Übermaß-Zylinder-Laufrollen. Das Ausdrehen war nur in einem Spezialbetrieb möglich.

Die Korkkupplung dagegen habe ich selbst erneuert und dabei beim Schleifen meine gesamten Fingerkuppen auf der Strecke gelassen.

Die Lichtmaschinenüberholung erledigte der Boschdienst um die Ecke nebenbei. Den Schaltkasten für die Elektrik habe ich zur Überholung nach Iserlohn zur
Firma Osterhaus geschickt. Dort wurde u. a. die Zündspule durch eine Neue sowie die alten Reglerpatronen durch moderne elektronische Regler ersetzt.

Der angebrachte 25er Amal Vergaser stellte sich ebenfalls als falsch heraus. Aber dank (dem zwischenzeilich erfundenen) Ebay konnte ein passender 20er Bing als Ersatz beschafft werden.

Die Krümmer waren nicht mehr zu gebrauchen und die Auspufftöpfe sahen aus wie schweizer Käse. Also musste hier Nachersatz her. Dies war aber kein Problem, da es diese, für gutes Geld, neu gefertigt zu kaufen gibt. Einziger Abstrich, den man machen muß, sie sind komplett verchromt, während die Originaltöpfe schwarz lackiert waren. So genau nehm ich das aber nicht. Außerdem ist bei späterer Reinigung, sprich dem Ausbrennen, Chrom allemal besser als Lack.

So hat die Kiste dann schön langsam
über die Jahre Gestalt angenommen. Eigentlich war sie dann im Jahre 2003 schon so gut wie fertig. Allerdings fehlte mir noch ein Teil. Nämlich der Lampenhalter vorne. Diesen habe ich bisher vergeblich gesucht. Durch Zufall habe ich ihn dann in Ebay entdeckt und am 01.01.2006 für eine horrende Summe ersteigert. Ich sag dazu nur soviel, ich hab es ersthaft in Erwägung gezogen ihn aufgrund seines Preises vergolden zu lassen :o). Jetzt konnte ich endlich die Lampe montieren und die Verkabelung durchführen. Und mit ein bischen Untestützung ist sie dann im August 2006 zum ersten mal gelaufen. Bis auf das Tachoantriebsgehäuse welches ich bis jetzt nicht auftreiben konnte war jetzt alles montiert. Noch ein paar kleine Ausbesserungen und Ausschmückungen und dann gings mit dem Anhänger und einigem Bammel am 23.10.2006 abends zum TÜV. Am 24.10.2006 genau 14 Jahre und 4 Monate nach dem Kauf erhielt ich das "Gutachten zur Erlangung der Betriebserlaubnis". Mit dem Gutachten, dem TüV-Bericht ohne Mängel, der Auskunft aus dem Kraftfahrzeugzentralregister und einer gehörigen Portion Stolz im Gepäck war der Gang zur Zulassungsstelle am 30.10.2006 dann nur noch Formsache.

Und somit war das Ziel erreicht:


So sieht sie jetzt aus
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Anschließend gings dann gleich noch auf die (14 Jahre-)langersehnte, erste, ca. 30 km lange Ausfahrt. Eigentlich war es die erste richtige Probefahrt, weil vorher bin ich ja lediglich zum Bremsentesten und dergleichen im Hof (25m lang) auf und abgefahren. Apropo Bremsen. Wir wollen sie mal lieber Geschwindigkeitsverzögerer oder so ähnlich nennen. Weil wirklich Bremsen tun die nicht. Deswegen hatte ich, was den TÜV angeht, schon so meine Bedenken. Aber wie sagte dazu der TÜV-Prüfer so schön: "Die hatten damals halt einfach mehr Platz!" Und wie man aus dem Zitat des Prüfers entnehmen kann war das überhaupt kein Problem. Die Probefahrt, um wieder darauf zurückzukommen, verlief hervorragend. Der Motor läuft absolut sauber und bisher zuverlässig. Er springt auch nach längerer Standzeit, ob kalt ob warm, sofort an. Die selber belegte Korkkupplung, ich war ja bis zum Schluß skeptisch, greift hervorragend, rutscht und rupft nicht, und zieht selbst meine zwei Zentner problemlos vom Fleck.

Fazit: Mit viel Eigenarbeit und einger Hilfe habe ich mir meinen Traum vom Oldtimer erfüllt (auch wenn er keinen Beiwagen hat). Die ganze Arbeit sowie die investierte Zeit und Geld haben sich aus meiner Sicht voll gelohnt. Es macht absolut Spaß mit diesem Teil zu fahren. Und wenn man bedenkt, daß die Lady 71 Jahre alt ist, dann hat das schon was.

An dieser Stelle noch einmal
"Special Thanks to": Leo, Rob, Edwin, Rudi, Spüli, Charly, Hörbi, Helmut, Hans H.




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